Mittwoch, 20. Februar 2019

Neues aus der Feste Wagner bei Metz

Die Feste Wagner war im Ersten Weltkrieg eines der modernsten Bauwerke im äußeren Gürtel der deutschen, kaiserlichen Großfestung Metz. Nun gibt es tolle Neuigkeiten aus der Feste Wagner in Metz...

Leerer Turmschacht. © Wernet 2003
Seit Jahren arbeitet eine kleine, aktive Gruppe der ADFM (Association Découverte de la Fortification Messine) unter der Leitung ihres langjährigen Vorsitzenden Raymond Decker an der Wiederherstellung ehemaliger Einrichtungen der Feste Wagner. Erstes Ziel war die Wiederinstandsetzung der beiden Panzerbatterien. Bei allen acht Türmen, also bei der 4 x 10-cm-Kanonenbatterie und bei der 4 x 15-cm- Haubitzbatterie fehlten nicht nur die Geschützrohre, sondern auch die mit den Panzerkuppeln fest verbundenen Lafetten und die gesamte Turmtechnik. Nur die leeren Panzerkuppeln deckten die Turmschächte. Heute sind alle acht Geschütztürme wieder in ihrem alten Zustand.

Wie kam es dazu?

Gehen wir zurück ins Jahr 2002: Die ADFM bekam nach langem Gezerre vom abziehenden Militär die Genehmigung, aus den frei werdenden Festen Panzertürme auszubauen und sie auf der Feste Wagner zu reinstallieren.

Die 10-cm-Panzerturmbatterie

Der leere Turmschacht © ADFM November 2003
Begonnen wurde zunächst mit dem Wiederaufbau der 4 x 10-cm-Batterie. Der erste Turm kam aus der Feste Lothringen. Im Jahr 2003 begann ein kleines Team mit der Demontage. Man verfügte zunächst über keinerlei Erfahrungen und musste sich erst langsam an die neue Materie herantasten. Parallel dazu waren nicht nur die Transportmöglichkeiten, sondern auch ein Autokran zu organisieren, der die ausgebauten Türme von der Gebäudedecke auf den Tieflader und am Ziel auf der Decke der 10-cm-Batterie in die Turmschächte hob. Beide, Kran und Tieflader hatten aber mit nur ungenügend befestigten, teils schlammigem Untergrund zurechtzukommen. Sie mussten ja jeweils bis an die Gebäudekanten heranfahren. Dazu mussten u. a. dichtes Strauchwerk und einige Robinien entfernt werden. Das alles kostete viel Zeit. Große Schwierigkeiten bereitete vor der eigentlichen Demontage des Turms das Ausbauen des schweren Geschützrohrs: Allein das Ablassen des enorm schweren und sperrigen Teils im engen Turmschacht war äußert mühsam. Im November 2003 waren schließlich alle Teile der Turmmechanik ausgebaut.

© Wernet April 2004
Parallel dazu musste in der Feste Wagner die leere Kuppel aus ihrer Turmkalotte gehoben und zur Seite geschafft werden. Sie wurde später abtransportiert und in den jetzt offenen Turmschacht der Feste Lothringen wieder eingesetzt.

Der Plan war damals, nur einen 10-cm-Kanonenturm und einen 15-cm-Haubitzturm zu transferieren. Erst 5 Jahre später entschied man sich, auch die übrigen drei 10-cm-Türme zu versetzen. Die Demontage der Türme und der Geschützrohre erfolgte in den Jahren 2010 bis 2013 jetzt auf der Feste Kaiserin. Am 7. Juli 2013 wurden alle drei auf einem Tieflader zur Feste Wagner abtransportiert und dort mit dem Autokran in die jetzt offenen Turmschächte abgesenkt. Mitte 2014 waren dann alle Türme fertig eingebaut.

Die 4 x 15-cm-Panzerhaubitzbatterie

Geschützrohr und Mechanik. © Wernet April 2004
Der Wiederaufbau der 4 x 15-cm-Panzerhaubitzbatterie begann zunächst mit zwei Türmen: Im Frühjahr 2006 die Demontage auf der Feste Kaiserin und bereits am 5. und am 20. Juli ihr Abtransport und Ablassen in die Turmschächte der Feste Wagner.

Erst 3 Jahre später zwischen Februar und Juni 2009 erfolgte dann die Demontage der restlichen zwei Türme. Beide kamen dann im selben Jahr, am 21. Oktober, an ihren neuen Bestimmungsort.

Die Feste erhält wieder Strom

Panzerkuppel vor dem Einschwenken. © ADFM Juli 2004
Endlich, am 11. März 2010, erhielt die Feste wieder Anschluss an das öffentliche Stromnetz. Damit ging die Zeit der Führungen mit improvisierter Beleuchtung über Notstromaggregate und Handlampen zu Ende. In emsiger Arbeit wurden jetzt Leitungen verlegt, Sicherungskästen sowie Lampen installiert und Schalter gesetzt. Heute sind nicht nur die beiden Panzerturmbatterien, sondern auch der begehbare Teil des Infanteriewerks Avigy und des Stützpunkts Seille hell beleuchtet.

Das Kraftwerk

Bis zum Jahr 1918 versorgten 7 Siemens/Deutz Generatoren das Werk mit Strom. Vermutlich während des 2. Weltkriegs – das genaue Datum ist leider unbekannt - wurden die Maschinen abgebaut und verschrottet. Bis 2018 boten die beiden leeren Maschinenhallen am linken Flügel der 15-cm-Haubitzbatterie einen trostlosen Anblick.

Der fertige 10-cm-Turm im Mai 2005. © Wernet 2005
Heute ist ein Maschinenraum wieder vollständig restauriert: Die fehlenden Wandfliesen sind ersetzt, drei komplette Motor-Generatorsätze stehen wieder auf ihren frisch aufbetonierten Sockeln und die drei voll bestückten Marmorschalttafeln wieder an ihrem Platz.

Wie kam es dazu?

Ursprünglich standen die drei noch vollständigen Generatorsätze im Zwischenwerk Chesny Nord. Um sie vor Vandalismus und Zerstörung zu bewahren, hat die französische Armee unter Federführung von Philippe Truttmann senior 1976 entschieden, die Maschinen abzubauen, und sie im ehemaligen Munitionsmagazin des Maginotwerks „Simserhof“ (Festungsabschnitt Rohrbach) wieder aufzubauen.

© Wernet 2019
Aus der Sicht von Festungsforschern wurde das Maginotwerk bedauerlicherweise umgebaut und für Interessierte unzugänglich gemacht. Nur im vorderen Teil werden Touristen mit einer automatisierten Bahn um einen Rundkurs gekarrt. Die Sammlungen im Munitionsmagazin blieben davon ausgeschlossen. Der Gedanke, ob man nicht diese Motoren bekommen und in der Feste Wagner wieder aufstellen könnte, lag nahe. Vorbesprechungen und ein erster Orientierungsbesuch fanden am 25. Februar 2014 statt. Nach wie vor befanden sich die Generatorsätze im Besitz des französischen Militärs. Der Antrag auf Übernahme landete schließlich an höchster Stelle beim Verteidigungsminister Le Drian. Er gab im Juni 2014 die Genehmigung zum Abtransport.

Alles neu © Wernet 2019
Es folgte ein mühsames Zerlegen der Maschinen in auf PKW Anhängern tranportable Teile in den Monaten Mai und Juni 2015. Erst als das Werk Simserhof jahreszeitlich für Touristen geschlossen war, konnte im Dezember des selben Jahres das Verladen zuerst auf PKW Anhänger und dann außerhalb des Werks auf LKWs erfolgen. Allerdings, die drei Marmorschalttafeln fehlten – sie waren schlicht abhandengekommen. Sie konnten schließlich, achtlos im Gras liegend, bei einem Alt-Militaria Händler sichergestellt werden. Der Rest war dann eine jahrelange Fleißarbeit, die erst zum Ende des Jahres 2018 abgeschlossen werden konnte.

Wir haben die Feste nach längerer Zeit wieder im Januar 2019 besucht. Obwohl wir das Werk eigentlich gut kennen (siehe unser Buch „Die Feste Wagner“), waren wir überrascht, welche Veränderungen wir antrafen. Einen Teil der beschriebenen Restaurationen kannten wir bereits, anderes war uns neu. Auch das völlig von Wildwuchs befreite Oberdeck des Infanteriewerks Avigy mit seinen jetzt erst richtig im Zusammenhang erkennbaren weitläufigen Infanteriestellungen war neu für uns. Neu war auch der noch im Aufbau befindliche Empfangspavillon mit einer künftigen barrierefreien Toilette für Besucher.

Als Fazit kann und muss gesagt werden:

Ein Besuch oder gar einen erneuten Besuch
der Feste Wagner lohnt sich in jedem Fall.

Besuchszeiten unter:

Kontaktadresse: Raymond Decker (er spricht deutsch)
Mail: radecker@club-internet.fr,
Tel. 0033-3 87 52 76 91 oder Handy: 06 85 25 47 68

(Gastbeitrag verfasst durch Dieter & Inge Wernet)

1 Kommentar:

  1. Herzlichen Dank für die Veröffentlichung unseres Beitrags. Es wäre schön, wenn der Eine oder Andere einmal bei der Feste Wagner vorbeischauen würde.

    Inge und Dieter Wernet
    Militärhistorische Studien
    St. Vith / Belgien

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